Ausstattung und Rundgang
Eine Besonderheit der Grazer Stadtpfarrkirche ist die Vierschiffigkeit des Kirchenraumes, wie sie bisweilen an Bettelordenskirchen anzutreffen ist. [...] Deutlich wird der Geist der Bettelordensgotik mit dem langgestreckten, einschiffigen Presbyterium und dem dreischiffigen Langhaus erkennbar, wobei der Typus der Hallenkirche dem Vorbild des heutigen Doms und der Franziskanerkirche folgt.
Die heutige Ausstattung der Kirche ist überwiegend geprägt von der Regotisierung in den Jahren 1875 bis 1883, die nach Plänen von August Ortwein erfolgte. Die Bildhauerarbeiten der Altäre und der Kanzel stammen von Jakob Gschiel, als Tischler waren Alex Korb und Martin Rubin tätig.
Dieser Neuausstattung musste die barocke Einrichtung weichen, an der Künstler wie Philipp Jakob Straub oder Johann Jakob Schoy maßgeblich beteiligt gewesen waren. Bilder und Reliefs dieser prachtvollen Einrichtung haben sich in geringem Ausmaß erhalten, während Chorgestühl, Kanzel und Altaraufbauten zerstört wurden.
Zum heutigen Charakter der Kirche trug wesentlich die Neuausstattung mit Buntglasfenstern 1950 bis 1953 bei. Auch die Renovierung von 1977 hat ihre Spuren hinterlassen, die vor allem in der Altarzone, dem Trenngitter und dem zusammengerückten Bankblock des Mittelschiffes sichtbar sind.
Neben der reichen sakralen Ausstattung finden sich im Kirchenraum zahlreiche Epitaphien, welche die Bedeutung der Stadtpfarrkirche hervorheben.
St. Johannes Schiff
Betritt man die Kirche vom Seiteneingang der Herrengasse he,r so gelangt man zunächst in die Vorhalle. Es befindet sich hier eine moderne ungefasste Statue des Apostels Judas Thaddäus mit dem Attribut der Keule. Judas Thaddäus wird insbesondere als Helfer in verzweifelten Notlagen verehrt.
Beim Eintritt in das St.-Johannes-Schiff steht bedeutungsvoll der massiven gotische Taufstein aus rotem Marmor. Das mächtige 12-eckige Becken ruht auf einem mehrfach eingezogenen Fuß und ist zweimal mit der Jahreszahl 1442 versehen. Vermutlich ist das Taufbecken mit der Übertragung der Pfarrrechte aus der heutigen Domkirche hierher gebracht worden. Über Jahrhunderte haben die Kinder der Einwohner von Graz das Sakrament der Taufe hier empfangen. Kinder von Dienstboten und Bürgern ebenso wie von Adeligen und Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern.
Die eindrucksvolle Statue eines Schmerzensmannes vom Ende des 17. Jahrhunderts, jedoch Ende des 19. Jahrhunderts neu gefasst, steht nordseitig auf einer Konsole mit auffallendem Engelskopf und Spruchband „Das Blut Iesu reiniget uns“. Tot und doch lebendig zeigt Jesus seine Wundmale mit erhobenen Armen und trägt den roten Spottmantel und die Dornenkrone wie Herrschaftszeichen seines Sieges über den Tod.
In der Nische schräg gegenüber steht eine Statue des heiligen Antonius von Padua mit Lilie und Jesuskind 1880 von Jakob Gschiel geschnitzt.
Unter den zahlreichen Grabdenkmälern ist besonders die Gedenkinschrift für den ersten Grazer Dominikanerprior P. Alexius Butzel, der 1511 in Wien verstorben ist, zu nennen. Sie ist in gotischen Minuskeln verfasst und neben dem südseitigen Ausgang zum Brunnenhof in die Wand eingelassen. Die Tafel daneben ist der Rest einer Grabplatte mit der Personifikation der Hoffnung mit Anker aus dem 17. Jahrhundert. An der gegenüberliegenden Wand ist das Epitaph für den 1760 verstorbenen Alois Josef Kazianer und für seine Frau Maria Karolina angebracht. Die Verstorbenen werden betend mit Wappen und Putten dargestellt. Als ob ich direkt für den künstlerisch qualitätsvollen Aufbau wird Josef Hueber genannt, die Putten soll Veit Königer gefertigt haben. Die folgende spätgotische Grabplatte für Thomann II. Rattaler (†1504) und seine Frau aus rotem Marmor ist die älteste epitaphs Platte der Kirche. Sie waren große Förderer der Dominikaner.
Johannes-Nepomuk-Kapelle
Theatralisch eindrucksvoll zeigt sich der Altar der Johannes-Nepomuk-Kapelle als Ostabschluss des St.-Johannes-Schiffs. Der hoch aufragende Säulenaltar stammt nach urkundlicher Überlieferung aus 1749/1750 von Philipp Jakob Straub, wobei die Tischlerarbeiten von Josef Angerer ausgeführt wurden. Der 1752 geweihte Altar wurde 1944 ebenso wie das Altarbild von Johann Veit Hauck, das den Heiligen Johannes Nepomuk darstellte, zerstört. Bei der Wiederherstellung des Altares 1948 wurde hier das ehemalige Hochaltarbild der Kirche angebracht. Es zeigt die Aufnahme Mariens in den Himmel und stammt vom Venezianer Jacopo Tintoretto und dessen Werkstatt. In der oberen, kreisförmigen Himmelskomposition wird die kniende Gottesmutter Maria von Gottvater und Christus mit einem Sternenkranz zur Himmelskönigin gekrönt. Die Heiligeisttaube darüber und eine große Engelschar wohnen dem Geschehen bei. In der irdischen Zone darunter sind die staunenden Apostel um einen leeren Sarkophag vor gebirgigem Hintergrund versammelt. 1594 gelangte das Werk in die Grazer Stadtpfarrkirche und war bis 1875 Hochaltarbild.
Monumental steht links der Heilige Leopold als Markgraf mit Lanze als Patron für Österreich und rechts der Heilige Ägidius im Ordenshabit mit Abtstab und Hirschkuh als Stadtpatron von Graz. Während die Statuen von Philipp Jakob Straub stammen mussten die Engelsfiguren des Altars zum Teil 1948 von Hans Neuböck nachgeschnitzt werden. Das als Abschluss agebrachte Kruzifix setzt sich aus einem vom Bombeneinschlag im Jahre 1944 unversehrt erhaltenen, gotischen Kopf und einer Rekonstruktion Neuböcks zusammen. Das ursprüngliche Kruzifix war um 1470 datiert.
Bei der Umgestaltung der Kirche 1977 nach Plänen von Architekt Friedrich Moser wurde das St.-Johannes-Schiff räumlich abgetrennt, um die ehemalige Gottleichnamskapelle als Abendkirche verwenden zu können. Der steirische Künstler Fritz Hartlauer schuf dazu Trenngitter mit dem Motiv der „Urzelle“. Hartlauer erreichte die Urzelle durch künstlerische Kontemplation und unter dem Einfluss eines Grazer Philosophenkreises. Er sah davon die gesamte Schöpfung durchdrungen. Mensch und Natur sind in einer spirituell göttlichen Ordnung verankert und verbunden. Dieses Weltsystem der Urzelle durchzieht wie ein roter Faden sein ganzes künstlerisches Schaffen.
Aus Aluminiumguss kreierte Hartlauer vier Gitter, die in die Arkadenbögen des St.-Johannes-Schiffs eingestellt sind. Aus den minimalistischen Grundformen Quadrat, Achteck und Kreuz entwickelte er eine variable und vieldeutige Symbolsprache, die einerseits auf das Weltganze, andererseits auf christliche Grundwerte verweist. Die grafischen in strenger Gesetzmäßigkeit angeordneten Elemente zielen auf eine reine spirituelle Struktur ab. In allen Gittern erscheint ein Bereich des Kreuzes mit dem Geheimnis des Kreuzmittelpunktes. Die Urzelle ist der Bauplan der Materie und der Plan einer wesentlichen Geistlichkeit. Hartlauer fordert die Betrachtenden heraus: Die letzte Ausdeutung seines Urzellennetzwerkes kann nur von jedem Einzelnen durch Meditatives schauen selbst erfahren werden.
Noch transparenter findet sich Fritz Hartlauer System der Urzellen auch an den Windfängen der Kirche, wo es in Sandstrahltechnik dem Glas eingeprägt wurde.
Kapelle der Schmerzhaften Mutter
An der Südwand des St.-Johannes-Schiffs öffnet sich die Kapelle der Schmerzhaften Muttergottes. Der neobarocke Altar wurde 1879 nach Entwurf von Robert Mikovics gefertigt. Unter dem Kreuz mit dem gekreuzigten Jesus Christus steht eine schmerzhafte Muttergottes. Die aus dem frühen 17. Jahrhundert stammende, 1879 neu gefasste Figur wurde einst aus der Franziskanerkirche in die Stadtpfarrkirche übertragen. Aus dem 18. Jahrhundert stammen die beiden Reliquienpyramiden an den Seiten mit qualitätvollen Metalltreibarbeiten.
Die beiden hier befindlichen knapp unterlebensgroßen Grabwächter aus dem 18. Jahrhundert sind Teil der unter der Orgelempore untergebrachten Grablegung Christi. Sehr realitätsnah zeigt der unbekannte Künstler das Geschehen: Joseph von Arimathäa und Nikodemus, beide bärtig und als Ratsmitglieder gekleidet, legen den Leichnam Jesu in ein sarkophagähnliches Grab.
In die Westwand der Kapelle ist das Epitaph des Dr. Georg II. Stürgkh von Plankenwarth (†1571) eingelassen. Trotz seines protestantischen Bekenntnisses war der Doktor beider Rechte am Hof Erzherzogs Karls II. von Innerösterreich und Kaiser Ferdinands I. tätig.
Aufgrund seiner etwas schwierigen Einsehbarkeit wenig beachtet ist das Glasfenster der Kapellenostwand. Es zeigt die Begegnung Jesu mit seiner Mutter Maria auf dem Weg nach Golgota und stammt von Albert Birkle, 1978.
Langhaus
Auffallend ist die Anordnung der Bankblöcke im Mittelbereich der Kirche, wie sie 1977 gewählt wurde, um allen Gläubigen den Blick zum Hauptaltar zu ermöglichen. Weiterverwendet wurden die barocken Bankwangen.
Kanzel und Seitenaltäre sind im Stil der Neogotik 1878/1879 entstanden, wobei August Ortwein die Aufbauten und Jakob Gschiel die Figurenausstattung geschaffen haben. An der nordseitigen Ostwand befindet sich der Altar der Heiligen Familie. Über Mensa und Sockelgeschoss mit Tabernakel sind drei Reliefs angebracht: Die Verkündigung an die Gottesmutter Maria, die Begegnung von Maria und Elisabeth (Heimsuchung) und die Darbringung Jesu im Tempel. Die Figurengruppe des Heiligen Wandels bildet das Mittelbild. Es zeigt Maria, Josef und den siebenjährigen Jesusknaben bei der Rückkehr aus Ägypten.
In den Seitennischen sind die Eltern Mariens dargestellt, der Legende nach Anna und Joachim.
An der Südseite befindet sich der Marien-Altar. Seine Reliefdarstellungen zeigen die Auferstehung Jesu im geöffneten Grab mit geblendeten Wächtern, die Himmelfahrt Jesu mit Maria, Petrus, Johannes und zwei weiteren Jüngern sowie die Himmelfahrt der Gottesmutter Maria. In der Mittelnische ist die Krönung der Gottesmutter Maria nach ihrer Himmelfahrt dargestellt, der Gott Vater als Halbfigur mit Tiara beiwohnt. In der linken Nische steht der Heilige Johannes Evangelist mit Schreibfeder, Buch und Adler. Die rechte Nische ist dem Evangelisten Matthäus mit Schreibfeder, Buch und einem Engel mit Spruchband vorbehalten: „Maria, von der Jesus geboren wurde.“
Die Kanzel am dritten südlichen Pfeiler besteht aus einem Korb, der von einem Pfeiler mit Runddiensten getragen wird. Die Reliefs zeigen den Apostel Paulus mit Schwert, Schriftrolle und Schreibfeder sowie die vier Kirchenväter Augustinus mit Flammenherz, Ambrosius mit Bienenkorb und Buch, Papst Gregor den Großen mit Tiara, Buch und Taube, sowie Hieronymus mit Kardinalshut, Buch und Löwe. Im Tabernakel des achtseitigen Schalldachs steht die Statue des Apostels Petrus.
Ebenso von Ortwein stammt der Entwurf für die Messingluster der Kirche.
An der Nordseite des Langhauses finden sich weitere Grabepitaphe. Was zu den bedeutendsten zählt jenes von Doktor Leonhard Clar (†1599), einen Dichter und Philosophen, der gleichzeitig Leibarzt von Erzherzog Karl II. war.
Die Bürgersfrau Anna Theresia Pichl, geborene Höffer wurde nach ihrem Tod 1735 in der Stadtpfarrkirche beigesetzt. Möglich war dies aufgrund ihrer Verehelichung mit dem Hofkammerrat und Regierungspräsidenten Johann Carl Ferdinand von Pichl.
Im 18. Jahrhundert gehört auch das sehr große Grabmal von Thaddäus Kajetan Bernhard Graf Attems (†1750) an. Der Geheimrat und Landverweser versuchte 1731 eine Tuchindustrie in der Steiermark aufzubauen, für deren Betrieb die Insassen der Spitäler und Armenhäuser herangezogen werden sollten. Seine Bemühungen brachten ihm die Benennung als „unbesiegbarer Hüter des Rechts, Liebling Völker und Zierde der Steiermark“ ein.
Der 1649 verstorbene Bildhauer Sebastian Erlacher war der erste Mann der Mutter des berühmten österreichischen Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach. Sein Grabdenkmal mit Tafel, Symbolen der Vergänglichkeit und Knorpelwerkrahmung dürfte sein Werkstattnachfolger Johann Baptist Fischer gefertigt haben.
Die beiden Figuren an der Orgelempore stammen von Jakob Gschiel und zeigen König David und Cäcilia, die Heiligen der Kirchenmusik.
Sehr bemerkenswert sind die beiden barocken Beichtstühle mit Intarsien seitlich des Hauptportals.
Presbyterium
Die Neugestaltung der Altarzone erfolgte zuletzt 1977 nach Plan von Architekt Friedrich Moser. Als neues Feierzentrum schuf er einen Hauptaltar aus St.-Margarethener Sandstein mit dreiteiligem Stipes und einer mächtigen Mensa. Diese Formen wie auch der formal korrespondierende Ambo sind aus Pfeilerformen der Kirche abgeleitet.
Der Hochaltar von 1876 ist heute in seiner Erscheinung reduziert und trägt als Bildschmuck eine Christusikone, die von Abt Otto Strohmeier OSB aus St. Lambrecht gefertigt wurde und von zwei Engelsreliefs flankiert wird. Die nordseitige Tabernakelnische ist als Ort für das Allerheiligste in Verwendung. Eine Kopie der Mariazeller Muttergottes hat einen zentralen Platz an der Südseite der Altarzone.
Das über der Altarzone hängende Triumphkreuz, früher Teil des Hochaltares, schuf 1876 der bedeutende Grazer Bildhauer Hans Brandstetter.
Auf Baldachinkonsolen in Fensterhöhe stehen 4 gefasste Heiligendarstellungen - Johannes der Täufer, Petrus, Paulus und Josef - allesamt 1876 von Jakob Gschiel geschaffen. 1881 entstanden nach Entwurf von Johann Klein durch Gschiel 14 Kreuzwegreliefs aus Sandstein, die im Kirchenraum umlaufend eingelassen sind.
Erwähnenswert ist auch der Grabstein des Stadtpfarrers und Bischofs Dr. Georg Hammer (†1639) mit seinem lebensgroßen Relief. Hammer hatte einen gewichtigen Anteil an der Gegenreformation in der Stadt Graz. Das Epitaph von Dr. Josef Egg (†1628), Kanzler von Kaiser Ferdinand II., befindet sich südseitig am Triumphbogen.
Aus: Heimo Kaindl / Alois Ruhri. Stadtpfarrkirche Zum Heiligen Blut Graz. Verlag Diözesanmuseum Graz 2014. Hrsg. von Christian Leibnitz, S. 27-37.